Neue Bauproduktenverordnung (BAUPVO) Neue Maschinenverordnung (MVO)

Grafik © European Commission

Die Spatzen pfeifen es schon länger von den Dächern!
Die neue Bauproduktenverordnung (BAUPVO) EU 2024/3110 und die neue Maschinenverordnung (MVO) EU 2023/1230 ist da!
Was bedeutet das jetzt? Das PfB Prüfzentrum für Bauelemente beschäftigt sich für Ihre Kunden intensiv mit dieser Frage und bietet hierzu Seminare an.

Die novellierte Bauproduktenverordnung (EU) 2024/3110 wurde am 18. Dezember 2024 im Amtsblatt der Europäischen Union bekanntgemacht und trat 20 Tage nach Veröffentlichung, also am 07. Januar 2025, in Kraft.

Die neuen Regeln der EU-Bauproduktenverordnung traten jedoch nicht alle sofort am 7. Januar 2025 in Kraft, sondern gestaffelt. Die Artikel der neuen EU-Bauproduktenverordnung, die sich auf die Entwicklung von harmonisierten Normen und Produktanforderungen beziehen, gelten unmittelbar mit dem Inkrafttreten. Alle anderen Artikel der Verordnung gelten ein Jahr nach Inkrafttreten der Verordnung (8. Januar 2026), mit Ausnahme von Artikel 92 (bzgl. Sanktionen), der zwei Jahre nach Inkrafttreten Anwendung findet – also ab Anfang 2027.

Lange Übergangszeiten

Die überarbeitete neue Bauproduktenverordnung (BauPVO EU 2024/3110) tritt zunächst parallel zu der seit vielen Jahren bestehenden BauPVO EU 305/2011 in Kraft. Damit soll eine durchgängige CE-Kennzeichnung von Bauprodukten nach harmonisierten Produktnormen sichergestellt sein, wenn neue Produktnormen unter der neuen BauPVO harmonisiert werden. Die Verpflichtung, die Anforderungen der neuen BauPVO zu erfüllen, besteht für die Hersteller also erst dann, wenn die für ihr Produkt relevante Produktnorm unter der neuen BauPVO harmonisiert wird (d.h. im Amtsblatt der EU gelistet ist) und die entsprechende (einjährige) Koexistenzperiode abgelaufen ist.

Dieser Umstand erklärt auch, warum die bisherige BauPVO EU 305/2011 erst nach einer insgesamt 15-jährigen Übergangszeit, also bis 2039, zurückgezogen wird.

Also, keine Panik! Wie geht´s nun weiter?

Die neue Bauproduktenverordnung (EU) 2024/3110 legt als Teil des europäischen Green Deal einen stärkeren Fokus auf Umwelt- und Nachhaltigkeitsaspekte, Produktsicherheit sowie die Kreislaufwirtschaft in der Baubranche und soll den Verbraucherschutz im Bereich des Bauens weiter stärken.

Einige wesentliche Änderungen in der neuen BauPVO für die Hersteller sind die Einführung eines digitalen Produktpasses, die Unterscheidung in Produkte für Endverbraucher und Profis, die Pflicht zur Ersatzteil-Verfügbarkeit (10 Jahre) und die Gültigkeit auch für gebrauchte Produkte.

Ein weiterer Grund für die Überarbeitung der BauPVO war auch die unvollständige Berücksichtigung der Anforderungen an Bauwerke in den jeweiligen Mitgliedstaaten in den Normungsaufträgen (Mandate) für die Erarbeitung der Produktnormen an CEN. Um die Vollständigkeit für die anstehende Überarbeitung aller Produktnormen sicherzustellen, wurde der sogenannte „Acquis-Prozess“ gestartet. In diesem Verfahren wurden sämtliche Anforderungen der Mitgliedsstaaten für die verschiedenen Produktgruppen gesammelt und bilden nun die Grundlage für die Normungsaufträge, der sog. Standardization Requests.

Nach Abschluss des Acquis-Prozess und der Erstellung des Standardization Request (Normauftrag) für die Struktur und Überarbeitung der Produktnormen, wird die Überarbeitung der Produktnormen gestartet. Der Plan sieht vor, dass die Produktnormen dann innerhalb von drei Jahren überarbeitet sein sollten und im Anschluss von der Europäischen Kommission geprüft und harmonisiert werden.

Da momentan noch keine endgültigen Normungsaufträge für die Überarbeitung der Produktnormen für die Bauprodukte Fenster Außentüren, Innentüren, Tore von der EU Kommission bei der relevanten  Normungsorganisation CEN vorliegen und sich noch in Erarbeitung befinden, ist optimistisch betrachtet davon auszugehen, dass mit neuen Produktnormen für die Bauprodukte  Fenster, Außentüren, Innentüren, Tore auf Grundlage der neuen Bauproduktenverordnung (EU) 2024/3110 nicht vor dem Jahr 2028 zu rechnen ist.

Und bis dahin?

Wie bereits beschrieben, besteht die Verpflichtung, die Anforderungen der neuen BauPVO zu erfüllen, für die Hersteller erst dann, wenn die für ihr Produkt relevante Produktnorm unter der neuen Bauproduktenverordnung (EU) 2024/3110 harmonisiert wird (d.h. im Amtsblatt der EU gelistet ist) und die entsprechende (einjährige) Koexistenzperiode abgelaufen ist.

Bis dahin, gelten also die bestehenden harmonisierten Produktnormen und die darin festgelegten Verfahren.

Auch EADs und ETAs wird es weiterhin unter der neuen  BauPVO (EU) 2024/3110 geben. Die unter der bisherigen BauPVO EU 305/2011 bekannt gemachten EADs gelten i.d.R. fünf 5 Jahre weiter (bis Ende 2030) und die darauf basierenden ETAs weitere fünf Jahre, also bis Ende 2035. So dass auch hier lange Übergangszeiten bestehen.

Nun zur Maschinenverordnung (MVO) EU 2023/1230

Die neue Maschinenverordnung wurde bereits im April 2023 im EU-Parlament abgestimmt und mit großer Mehrheit angenommen. Am 29. Juni 2023 erfolgte die Veröffentlichung im EU-Amtsblatt als Verordnung (EU) 2023/1230 und trat ab dem 19. Juli 2023 in Kraft.

Aber, auch hier, keine Panik!

Die Maschinenverordnung (EU) 2023/1230 sieht eine Stichtagsregelung vor, d.h., bis zum 20.1.2027 ist noch die aktuelle Maschinenrichtlinie 2006/42/EG anzuwenden und danach die neue Maschinenverordnung EU 2023/1230.

Das bedeutet für die Hersteller, Händler, Inbetriebnehmer oder Betreiber, dass mit einer klar definierten Übergangszeit alle neuen Anforderungen der Maschinenverordnung umgesetzt werden müssen. Von der Risikobeurteilung über die Betriebsanleitung und die vollständige technische Dokumentation bis hin zur Konformitätsbewertung und Konformitätserklärung mit anschließender CE-Kennzeichnung.

Hersteller haben somit Zeit sich auf die neuen Anforderungen vorzubereiten, müssen zum Stichtag aber die neuen Anforderungen erfüllen.

Einige Abschnitte der neuen Verordnung müssen bereits vor dem 20.01.2027 angewendet werden. Betroffen davon sind in erster Linie die Mitgliedsstaaten sowie die EU-Kommission.

Was ändert sich am Inhalt der neuen Maschinenverordnung (EU) 2023/1230 im Vergleich zur Maschinenrichtlinie 2006/42/EG?

Die neue Verordnung (EU) 2023/1230 definiert in Artikel 2 (Anwendungsbereich) „Maschinen und folgende dazugehörige Produkte“, wie auch weiterhin die „unvollständige Maschine“. Das bedeutet, immer dann, wenn es um das Konformitätsbewertungsverfahren geht, wird in der Maschinenverordnung konsequent von „Maschinen und dazugehörige Produkte“ oder „unvollständige Maschinen“ gesprochen.

Zukünftig wird zwischen zwei Sub-Typen (Typ A und Typ B) unterschieden, für die unterschiedliche Verfahren (unterschiedliche Komformitätsbewertungsmodule) anzuwenden sind. Je nach Einstufung aus Anhang I – kommen drei unterschiedliche Verfahren zur Anwendung:

Modul A (Interne Fertigungskontrolle), Modul B (EU-Baumusterprüfung) in Kombination mit Modul C (Konformität mit dem Baumuster auf Grundlage einer internen Fertigungskontrolle), Modul H (umfassende Qualitätssicherung), Modul G (Einzelprüfung).

Das Thema „Security“ ist das Thema und wird durch die neue Maschinenverordnung (EU) 2023/1230 zur Herstellerpflicht. Insbesondere zu beachten ist hier das komplett neue Kapitel 1.1.9 (Schutz gegen Korrumpierung) in Anhang III der neuen Maschinenverordnung, welches Anforderungen hinsichtlich Schutz gegen Beeinflussung definiert. Des Weiteren wird in Kapitel  1.2.1 a, d, f auf neue Anforderungen bzgl. der Resilienz von Steuerungen hingewiesen und auch zwischen unabsichtlicher und absichtlicher Korrumpierung.

Eine weitere zentrale Änderung in den grundlegenden Anforderungen (Anhang III) betrifft die Künstliche Intelligenz (KI), oder, wie es die neue Verordnung formuliert „vollständig oder teilweise selbstentwickelndes Verhalten unter Verwendung von Ansätzen des maschinellen Lernens“. So wird beispielsweise in den allgemeinen Grundsätzen von Anhang III erwähnt, dass in der Risikobeurteilung bei sich veränderbaren Maschinen entsprechend jene Risiken berücksichtigt werden müssen, die durch dieses autonome Verhalten entstehen.

Um diese Anforderungen, insbesondere auch bzgl. KI und Korrumptionssicherheit sicherzustellen, müssen die unter der Maschinenrichtlinie harmonisierten Normen angepasst und überarbeitet werden. Hierzu wurden im Zuge der Lückenüberprüfung („Gap-Analysis“) bei CEN die relevanten Normen überprüft in denen ggf. entsprechende Ergänzungen aufgenommen werden müssen, sofern diese für die Produkte relevant sind.

Planung ist, dass je nach Ergebnis der Bewertungen die Normen ganz, mit Einschränkungen oder ggf. nicht unter der neuen MVO harmonisiert werden. Gegebenenfalls muss dann CEN ergänzte oder neue Normen zur Konkretisierung der neuen grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen, die im Anhang III genannt sind, erarbeiten.

CPR transition
Grafik © European Commission
CPR Transition
Grafik © European Commission

Fazit

Die neue BauPVO EU 2024/3110 und die neue MVO EU 2023/1230 führen in den nächsten Jahren zu umfangreichen Änderungen in den harmonisierten Produktnormen, EADs/ETAs und den harmonisierten Normen unter der Maschinenverordnung und erfordern neue technische Dokumentationen bis hin zur Leistungserklärung, Konformitätserklärung und CE-Kennzeichnung. Die Übergangszeiten und –fristen sind definiert und festgelegt und geben Sicherheit für die aktuelle Vorgehensweise für die Hersteller, Händler, Montagebetriebe, Inbetriebnehmer, Architekten, Planer oder Betreiber.

Also, keine Panik!

Aber, bleiben Sie am Ball und auf dem aktuellen Stand bzgl. den weiteren Schritten für Ihr Unternehmen. Ein grundlegendes Verständnis der Verordnung, ihrer Anforderungen und insbesondere der harmonisierten Spezifikationen erscheint wichtiger denn je, um Risiken zu minimieren und Marktchancen optimal zu nutzen. Hierzu können Seminare hilfreich sein, die z.B. vom Prüfzentrum für Bauelemente angeboten werden. Unternehmen sollten jetzt nicht warten, sondern proaktiv auf die kommenden Änderungen reagieren, um langfristig erfolgreich zu sein und ihre Position im Markt weiterhin zu sichern.

Andreas Matschi
Andreas Matschi

Zum Autor: Dipl.-Ing. (FH) Andreas R. Matschi
Inhaber Ingenieur- und Sachverständigenbüro MATSCHI
ISB – MATSCHI

Herr Matschi ist Inhaber des Ingenieur- und Sachverständigenbüro MATSCHI  ISB-MATSCHI und führt für das PfB Prüfzentrum für Bauelemente Seminare durch. Er bietet Schulungen, Beratungen, Gutachten, und Fachvorträge in den Themenbereichen, Türen, Tore, Fenster, Fassaden, Beschläge, Brandschutz, Einbruchhemmung, CE-Kennzeichnung sowie zur Akkreditierung und Notifizierung von Instituten und Zertifizierung von Unternehmen im aufgeführten Produktbereich an.

Herr Matschi arbeitet seit vielen Jahren in diversen deutschen, europäischen und internationalen Normungsgremien in den Themenbereichen, Türen, Tore, Fenster, Fassaden (z. B. NA Bau 005-09-01 AA, 005-09-05 AA, 005-52-23 AA, CEN TC 127 WG 3/WG 7, ISO TC 92 WG 8, usw.).

Er ist Obmann des DIN-Normenausschusses Bauwesen 005-52-05 AA für das „Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen – Feuerschutz- und Rauchschutzabschlüsse“, ehrenamtlicher Mitarbeiter des
DIN-Verbraucherrat, Mitautor am Kommentar zur DIN EN 14351-1 Fenster und Türen, Produktnorm, Leistungseigenschaften (ISBN: 978-3-8167-7780-9, ISBN: 978-3-86791-127-6) und Mitautor der Richtlinie Kraftbetätigter Türen Ausgabe: Dezember 2019 und der Richtlinie Feuerschutzabschlüsse Ausgabe: Februar 2021, Herausgeber: Bundesverband Metall.

Herr Matschi hat über 25 Jahre Erfahrung im Dienstleistungssektor für die Baubranche mit Spezialkenntnissen in den Bereichen Türen, Tore, Fenster, Fassaden, Glas, Beschläge und Zubehör, sowie Feuer- und Rauchschutz, Einbruchhemmung, Prüfung, Zertifizierung und Überwachung.