Nutzungssicherheit – kraftbetätigte Bauelemente
Der Begriff der Nutzungssicherheit entstammt der Maschinenrichtlinie, 2006/42/EG, und wird in Verbindung mit kraftbetätigten Bauelementen wie Tore, Türen und Fenster mit Antrieben, verwendet. Erklärtes Ziel der Nutzungssicherheit ist das Vermeiden bzw. Reduzieren des Risikos von Verletzungen/ Beschädigungen verursacht durch den Einsatz, die Nutzung eines kraftbetätigten Bauelementes.
Während es für kraftbetätigte Türen und Tore normative Regelwerke gibt, existiert für den Bereich der kraftbetätigten Fenster keine unmittelbare Norm. Die EuroWindoor/ VFF Merkblätter KB.01 bis KB.03 verweisen auf die Mittel und Wege der Maschinenrichtlinie, deren „Gene“ sich auch in den Normen zur Nutzungssicherheit für kraftbetätigte Tore und Türen befinden. Deshalb kann es durchaus von Vorteil sein, die Nutzungsicherheit kraftbetätigter Fenster in Analogie zu den Toren und Türen zu sehen. Lediglich bei der Nachweisführung ist ein anderer Bezug herzustellen. Einen guten Überblick gibt die DGUV Information 208-022 Türen und Tore, die auf der Homepage der DGUV als Download kostenlos erhältlich ist.
Betriebskräfte und deren Ermittlung
Bei den kraftbetätigten Bauelementen werden unter dem Begriff der Betriebskräfte die Kräfte verstanden, die für die Öffnungs- und Schließbewegung erforderlich sind. Der Nutzer erfährt die Wirkung der Betriebskräfte erst bei einem Kontakt / einer Berührung mit dem sich bewegenden Bauelement.
Durch den Kontakt mit sich bewegenden Teilen des Bauelements entstehen unterschiedliche Gefährdungen, die im wesentlichen wie folgt unterschieden werden: Gefahren des Anstoßens, Quetschens, Scherens und Einzugs für Personen/ Gliedmaßen und Gegenstände.
Neben der Möglichkeit die beweglichen Teile abzudecken gibt es auch die Möglichkeit die Betriebskräfte im Fall der Berührung zu begrenzen.
Grundsätzlich werden bei der Begrenzung der Betriebskräfte zwei Arten unterschieden:
- Die Begrenzung der einwirkenden Kräfte bei Kontakt in der Anfangsphase
durch Anhalten bzw. Reversieren der Bewegung – Kraftbegrenzung - Die Begrenzung der einwirkenden Kräfte vor dem Kontakt
durch Anhalten bzw. Reversieren der Bewegung – Berührungslose Absicherung
Ob die Methode zur Absicherung zulässig ist, hängt vom Kreis der Nutzer/ Bediener und der Art der Betätigung/ Steuerung ab. Diese Abhängigkeit wird im sogenannten Mindestschutzniveau definiert (siehe z.B. EN 12453 Tabelle 1)
Da der Kreis der Nutzer bei kraftbetätigten, automatisierten Türen in der Regel sehr breit gefächert ist, muss immer die berührungslose Absicherung ausgewählt werden.
Für kraftbetätigte Tore gilt die Tabelle 1 der EN 12453, die im aktuellen Entwurf eine wichtige Ergänzung zum Punkt 5.1.3 erfährt:
„Wo gefährdete Personen anwesend sein können (z.B. gebrechliche oder ältere Personen oder Kinder, wie von der Risikobeurteiling unter Berücksichtigung der nach 4.1. festgestellten Faktoren eingestuft), sollten bevorzugt berührungslose Mittel E anstelle von C- und D-Mitteln (C + D und E, alle wie in diesem Unterabschnitt beschrieben) eingesetzt werden, soweit die Technologie und Anwendung dies zulassen.“
Für Fenster gilt die Risikoberwertung nach Maschinenrichtlinie bzw. die ISO 12100 – Sicherheit von Maschinen. Da kraftbetätigte Fenster oftmals im Zusammenhang mit Gebäudeautomatisation und Lüftungstechnik stehen, setzen sich Fenster oft automatisch und unvorhersehbar in Bewegung. Deshalb empfiehlt sich für Fenster in den meisten Fällen ebenfalls die berührungslose Absicherung.
Prüfung:
Die Prüfung der Betriebskräfte kann aus verschiedenen Gründen erfolgen:
- ITT (Initial Type Test) / Baumusterprüfung – durch die anerkannte Prüfstelle
- Inbetriebnahme – ordnungsgemäße Funktion – durch den Monteur/Hersteller
- UVV – jährlich wiederkehrend – durch den beauftragten Sachkundigen
Die Messung der Betriebskräfte, meistens an Toren (Schranken), erfolgt mittels einer tragbaren Messeinrichtung. Gemessen wird in Abhängigkeit der Art des Tores an normativ vorgegebenen Messpunkten. Ermittelt werden die Kräfte, deren Abbau und der zeitliche Verlauf bei der Berührung der Schließkante mit der Messeinrichtung, die an die Gegenschließkante gehalten wird. (Lage der Messstellen für Tore – EN 12453 Anhang C)
Die Überprüfung der Berührungslosigkeit, für Türen und Tore normativ in EN 16005 bzw. EN 12453 geregelt, erfolgt mittels genormter Prüfstücke, die von den Sicherheitseinrichtungen erfasst werden müssen. Die Vorgehensweise für Türen und Tore wurden in der Normung auf einander abgestimmt, so dass die Vorgehensweisen sich stark gleichen.
In Ermangelung eines beschriebenen Verfahrens für Fenster, empfiehlt sich hier die Vorgehensweise wie bei den Türen und Toren.
Die Prüfung kann auf Wunsch auch vor Ort, beim Hersteller oder auf der Baustelle, durchgeführt werden.
Hinweis:
Im Rahmen des ITT / der Baumusterprüfung muss sichergestellt werden, dass die Sicherheitseinrichtungen, die für die Einhaltung der Betriebskräfte oder die berührungslose Absicherung verantwortlich sind, dauerhaft funktionieren bzw. deren Fehlfunktion von der Steuerung erkannt wird. Die Anforderung hierbei ist entweder eine redundante Ausführung der Sicherheitseinrichtungen oder der Performance Level C, Kategorie 2 (oder höherwertig, gemäß EN ISO 13849-1)
Bauelemente / Normen
Geprüft und klassifiziert werden können folgende Bauelemente:
Bauelement | Prüfung nach | Klassifizierung nach |
Türen | DIN EN 16005 | DIN EN 16005 |
Tore und Schranken | DIN EN 12445 bzw. DIN EN 12453 |
DIN EN 12453 |
Fenster | EN ISO 12100 bzw.
Vorgehen nach Türen und Tore |
EN ISO 12100 |
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Mindestanforderungen in Deutschland:
Anforderungen gemäß | Klasse / Grenzwerte |
Betriebskräfte
EN 16005 |
Mindestschutzniveau E |
Betriebskräfte
EN 12453 |
Mindestschutzniveau in Abhängigkeit von Steuerung und Nutzerkreis |
Einfehlersicherheit/
funktionale Sicherheit EN ISO 13849-1 |
PL C, Kat 2 |
ASR A1.7
Türen Tore |
Einhaltung der Vorgaben |
ASR A1.6
Fenster, Oberlichter,… |
Einhaltung der Vorgaben |
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